Das historische Archiv der Bezirksgerichte Schlanders, Glurns und Nauders

Das historische Archiv der Bezirksgerichte Schlanders, Glurns und Nauder

Einleitung


Im Jahre 1989 wurde das Gericht Schlanders aus der Schlandersburg in das sog. Sachsalberhaus verlegt. Das moderne Archiv wurde dort eingelagert. Das historische Archiv allerdings mit den Akten vor 1930 (zusammen mit denen des ehemaligen Gerichtes Glurns) blieb auf dem Dachboden der Schlandersburg zurück. Niemand fühlte sich für die Berge von Papier verantwortlich. Es waren eben nur alte Streitereien, die man auf sich beruhen lassen sollte...

Das Gerichtsarchiv von Schlanders von 1500 – 1800:

Untersuchungen im Staats- und Landesarchiv Bozen sowie im Tiroler Landesarchiv Innsbruck zufolge war das alte Schlanderser Gerichtsarchiv (ca. 1500 – 1800), das zu Beginn des 20. Jahrhunderts in die Landeshauptstadt gebracht worden war, im Jahre 1945 in der Oberen Eulenkammer des Tiroler Landesarchives in der ehemaligen Dogana amerikanischen Bomben zum Opfer gefallen. Der Vernichtung entgingen lediglich die damals bereits ausgelagerten gebundenen Handschriften, darunter das Schlanderser Malefizbuch (ca. 1550 – 1580; heute Handschrift 2056). Über Umfang und Inhalt dieser verlorenen Archivbestände gibt das Repertorium 390 aus den 30er Jahren eine vage Vorstellung.

 Die Verfachbücher des Gerichtes Schlanders, der ehemaligen Gedingstattschreibereien Latsch, Schlanders und Laas, sowie der anfangs des 19. Jhs. angegliederten Gerichte Kastelbell (mit Allerengelberg) und Montani, ebenso die Steuerkataster liegen im Südtiroler Landesarchiv Bozen.

Archivalienbestände, die unter dem Namen „Schlanderser Gerichtsakten“ im Staatsarchiv Bozen einliegen, umfassen hauptsächlich Akten des Gedingstatt-Archives Latsch (Vgl. Staatsarchiv Bozen: Inventar der Gerichtsarchive 1448 – 1919; Stichwort Schlanders).

Abgesehen von Handschriften im Tiroler Landesarchiv in Innsbruck und den Verfachbüchern im Südtiroler Landesarchiv ist das alte Gerichtsarchiv von Schlanders von 1500 – 1800 verloren – damit ist die Kunde von der alten Zeit auf wenige Gruppen von schriftlichen Quellen reduziert. Das Gericht Schlanders kann auf eine 700 jährige Geschichte zurückblicken. Aber wegen des Verlustes der gerichtlichen Quellen ist sie zum Teil nicht mehr erforschbar.  Daher sind die Verantwortlichen aufgerufen, zumindest die derzeit noch vorhandenen jüngeren Quellen sorgfältig zu bewahren und kontinuierlich zu erschließen.

Die Bergung der Akten aus dem früheren Gerichtsgebäude

 Im Jahre 1993 (1. – 9. Juni) wurde das Schrifttum des Gerichtsarchives Schlanders auf Veranlassung  des Richters Frötscher aus dem Dachboden der Schlandersburg geborgen und in einem gemeindeeigenen Lokal in Verwahrung genommen. Das Gebäude sollte erneuert werden. Insgesamt waren es 26 Großkisten mit Akten und Registern, bestehend

- aus 704 großen Archivbündeln (jeder davon war bei 40 und mehr cm dick und enthielt
            demnach Hunderte von Akten). Einige waren allerdings nicht mehr original gebunden,
            sondern aus Bruchstücken ehemaliger Archivbünde zusammengesetzt;

- über 500 Registerbänden.

Die Akten gehörten zum allergrößten Teil dem 19. und beginnenden 20. Jahrhundert an. Registerbücher und Belegakten beginnen 1824 und sind erhalten bis etwa 1929. Räumlich gesehen stammen die Akten aus den Gerichten Schlanders und Glurns. Im alten Standort in der Schlandersburg waren die Bestände ursprünglich gesondert verwahrt. Aber die Zeitumstände, der Zugriff archiv-fremder Menschen, hatten dazu geführt, daß die Bestände der einzelnen Gerichte durcheinandergeraten waren. Bünde waren aufgerissen, Einzelakten durcheinandergebracht und auf den Fußboden verstreut worden.

 

Die Aufarbeitung der Akten

Auf Initiative des Kulturassessor der Gemeinde Schlanders DDr. Heinrich Kofler arbeiteten  Dr. Josef  Nössing, Direktor des Südtiroler Landesarchives, Dr. Elias Prieth und ich im Frühjahr 1998 einen Weg aus, die aus der Schlandersburg geborgenen Archivalien zu inventarisieren.  Die Besichtigung des damaligen Depots hatte die unbedingte Notwendigkeit der baldigen Bearbeitung der Bestände und deren Unterbringung in einem geeigneten Archive ergeben. Dr. Elias Prieth übernahm die Bearbeitung der Glurnser Bestände. Die Akten des Gerichts Schlanders sollte ich bearbeiten. Die Dokumente waren zu reinigen, nach den beiden Gerichtsorten zu trennen und in eine chronologische Folge zu bringen. 

Die Arbeiten liefen im Juni 1998 an. Erst nach und nach konnten die Akten nach den beiden Gerichten getrennt werden, da immer wieder aus den Beständen des einen Gerichtes Dokumente des anderen auftauchten. Bis zum Abschluß der Inventar-Arbeiten kam es immer wieder zu kleineren und größeren Umgruppierungen. Reihungen und Zählungen mußten daher mehrfach neu begonnen werden.

Die Erschließung und Registrierung der Akten bis hinein in die Faszikel war nicht zu bewältigen. Allein von der Menge der Aktenfaszikel her hätte sich die Inventarisierung über Jahre erstrecken müssen. 

Erst nach monatelanger Arbeit war es gelungen, die Papiere zu trennen und halbwegs wieder in ihre ursprüngliche Ordnung zu bringen.

 

Die Inhaltliche Erschließung des Archivs

Seit dem Jahr 2009 ist Dr. Werner Kuntner unter Mithilfe von verschiedenen Praktikanten dabei, die Ordnung der Akten im Archiv zu verfeinern und einen Teil der Akten auch inhaltlich zu erschließen. Die für die Zeit von 1826 bis 1929 vorhandenen Verlassenschaftsakten des Gerichtes Schlanders wurden vollständig erfasst und inhaltlich erschlossen. Für jeden Akt findet sich Jahr, Ordnungsnummer, Name, Familienname, Stand, Beruf, Wohnsitz und Ort, Alter; Extras. Es wurden über 23.000 Akten erfasst. Diese stellen eine wichtige Quelle zur Sozialgeschichte des Vinschgaus dar. Die Akten sind eine Fundgrube für Historiker,Heimat- und Familienforscher.  Das Verzeichnis kann hier als PDF eingesehen werden. Die Datenbank liegt in der Bibliothek Schlandersburg.

Datei herunterladen: PDFRegister der Verlassenschaftsakten des historischen Gerichtsarchivs Schlanders

 

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